Renaissance.

 
Autor: Maximilián Balázs
Fotografie: Laurent Nivalle


Menschen wie du und ich leben mit einem unerschütterlichen Glauben daran, dass Autos fast wie Lebewesen sind – du eine Beziehung zu ihnen aufbauen kannst. Schwächen und Fehlfunktionen sind doch besonders menschliche Eigenschaften, oder?

 

 

Lancias haben eine Seele und Temperament – meist Resultat ihrer Fehler. Ein bisschen wie der gequälte Held eines russischen Romans: ein Automobil von außergewöhnlicher Tiefe, ein Fahrzeug, das man nie wirklich ergründen konnte.

Sie sind wie Kokain. Die unvorstellbaren Höhen werden immer von immensen Tiefen begleitet. Massive Gewitter, die unweigerlich auf einen herrlich schwülen Sommer-Abend folgen. Aber das, was ich an dieser Marke am meisten liebe, ist, dass wenn Leute auf Partys fragen, was du fährst, du einfach sagen kannst: »Einen Lancia«. Männer werden sich vorstellen, du seist ein Grand-Prix-Rennfahrer aus den 50er-Jahren. Frauen werden denken, dass du der Figur von Daniel Day Lewis aus »A Room with a View« ein bisschen ähnelst – irgendwie verwegen. Es ist die einzige Marke in der Welt des Sub-Supercar-Motorsports, die das kann.




 
Lancia wurde 1906 gegründet und hält immer noch mehr Hersteller-Kronen in der Rallye-Weltmeisterschaft (zehn Stück) als jeder andere Autohersteller, obwohl Lancia seit 1993 überhaupt nicht mehr angetreten ist: Titel mit dem Lancia Fulvia, dem Stratos mit Ferrari-Motor, dem 037 Rallye, dem Delta HF und dem Delta HF Integrale. Lancia's Modell D50 wurde als Ferrari umbenannt, um Juan Manuel Fangio 1956 zum Formel-1-Weltmeistertitel zu führen und er gewann mit Lancia auch die Sportwagen-Weltmeisterschaften 1980 und 1981 gegen die Macht von Porsche.

Dann das Gewitter. Die Verkäufe von Lancia gingen von 300.000 Autos im Jahr 1990 auf knapp über 43.000 im Jahr 2021 zurück – zufälligerweise die gleiche Anzahl von Autos, die die australische Marke Holden GM im Jahr 2019 verkaufte, bevor sie abgeschafft wurde. Die Designabteilung von Lancia war in den letzten zehn Jahren unglaublich unterbeschäftigt, da die Verkaufswelt des ehemaligen italienischen Innovationskraftwerks von einem globalen Markt nach Europa schrumpfte und nun in den letzten fünf Jahren nur noch in Italien verkauft wurde.

Und selbst dann wurde in Italien nur ein einziges Modell verkauft: der Ypsilon, das 2011 auf den Markt kam und nur 2015 überarbeitet wurde. Lange warteten wir, dass die Marke wie Phoenix aus der Asche aufsteigt. Den Aufruf #makelanciagreatagain werden viele Petrolheads aus den sozialen Netzwerken kennen. Zwischenzeitlich erschienen auch zwei liebevoll gefertige Restomods auf der Bildfläche: Kimera Automobili entwickelte eine Hommage an den Lancia Rally 037 und parallel dazu brachte Automobili Amos den Lancia Delta technologisch auf den heutigen Stand. Doch ist das wirklich noch echt? Oder nur ein materialisierte Hoffnung an die Wiedergeburt?





November 2022: Lancia zeigte diese Woche auf seinem Design Day ein schwebendes Kunstwerk, das eine moderne Interpretation seines T-förmigen Kühlergrills und kreisförmiger Lichter enthüllte, die von seiner Rallye-Legende, dem Lancia Stratos, inspiriert waren. Die Skulptur Lancia Pu+Ra Zero schlägt die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft, bei dem sich klassische Eleganz und radikaler Formengeist die Waage halten.

Das Konzeptauto ohne Räder zeigt laut Lancia-CEO Luca Napolitano eine neue Ära, die die nächsten 100 Jahre der Marke zeige. »Es ist zeitlos, langlebig, einzigartig. Unsere Designs werden mit ikonischen und reinen Formen wie Kreis, Quadrat und Dreieck gebaut«, so Lancia-Chefdesigner Jean-Pierre Ploué. Innerhalb der nächsten sechs Jahre wird die Designsprache der Lancia-Skulptur in einen neu gestalteten Ypsilon, ein wiedergeborener Delta und ein noch zu benennendes Flaggschiff sein.

Beginnt jetzt die lang ersehnte Renaissance von Lancia? Wir, die Fans der Marke tun das, was wir schon seit Jahrzehnten machen. Warten, hoffen und träumen.


  

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